Inoue Yuichi (1916-1985)

Oilpainting No. 11, 1954

Öl auf Leinwand
41 x 53 cm (ohne Rahmen)

publiziert:
Werkverzeichnis, YU-ICHI, Catalogue Raisonné, Vol. 1 (Works 1949-1969), UNAC Tôkyô, S. 66

Das Schreiben von Schriftzeichen war ganzer Lebensinhalt des japanischen Volksschullehrers Inoue Yuichi. Seine kalligraphischen Zeichen, ob von kleiner bescheidener Gestalt oder monumentaler Größe, sind Ausdruck einer tiefen Auseinandersetzung, die weit über den Prozess des Schreibens hinausgeht. 

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Das Gemälde Oilpainting No. 11 von Inoue Yuichi in seinem Rahmen.

Inoue Yuichi wurde 1916 in Tokio geboren. Bereits während seiner Ausbildung zum Lehrer beschäftigte er sich intensiv mit der Malerei. 1941 beschloss Yuichi, sich ganz auf die Kalligraphie zu konzentrieren und studierte von 1942 bis 1950 bei Sokyu Ueda (1899-1968), dem damaligen Pionier der gerade neu aufgekommenen Avantgarde-Kalligraphie. Es war die frühe Stunde der Befreiung von klassischen Ausdrucksformen in der, immer noch der Tradition verpflichteten japanischen Kunst.

 

1951 hatte Inoue Yuichi seine erste Einzelausstellung in Tokio. 1952 gründete er gemeinsam mit vier weiteren ambitionierten Kalligraphen die Künstlergruppe Bokujin-Kai. Die Gruppe verfolgte Ideen der Umsetzung von Kalligraphie jenseits des Traditionalismus und bezog sich dabei auf abstrakte Malerei, Ästhetik und Zen-Philosophie. Auch suchten sie den Kontakt zu ausländischen abstrakten Künstlern wie Pierre Soulages.

Yuichis Werke wurden weltweit bekannt, nachdem sie 1954 in einer Ausstellung über japanische Kalligraphie im Museum of Modern Art, New York sowie 1955 in der Ausstellung ‚L’encre de Chine dans la calligraphie et l’art Japonais Contemporains‘ gezeigt wurden. Letztere reiste durch fünf europäische Städte: Amsterdam, Basel, Paris, Hamburg und Rom.

 

Um 1955 gab Yuichi das Schreiben von Zeichen zunächst auf und begann, abstrakte Formen mit einem Besen und Emailfarben zu zeichnen, die starke Bezüge zu der damaligen Informel-Bewegung oder dem Action Painting hatten, als wollte er der konventionellen Welt der Kalligrafie gänzlich den Rücken kehren. Doch schon bald kehrte er wieder zu seinen ‚Zeichen‘ zurück und schuf eines seiner bekanntesten frühen Meisterwerke, Gutetsu. Dieses beeindruckende Werk  wurde 1957 auf der 4. Biennale von São Paulo gezeigt und 1968 von Sir Herbert Read in das Buch  ‚A Concise History of Modern Painting‘ aufgenommen. 1959 war Yuichi Teilnehmer der documenta 2 in Kassel, 1961 waren seine Arbeiten zum ersten Mal in der Galerie Zwirner, Köln zu sehen.

 

Einer inneren Dynamik folgend, schrieb Yuichi seine Zeichen nicht – er wurde, während eines oft ganzkörperlichen Aktes des Tuns, zu jedem einzelnen Zeichen, zum Vogel, zum Berg, zur Blume. Er wurde zu Pinsel, zu Tusche.

Als Yuichi 1985 im Alter von 69 Jahren starb, hinterließ er der Welt ein einmaliges Werk an Zeichen und Schrift, welches sich in seiner geistigen Tiefe mit der Schreibkunst der alten Meister bis in die Kamakura-Zeit messen darf. Es ist die manifestierte Einheit allen Seins, die Urgewalt des ganzen Kosmos mit seiner Schönheit und seinem Schrecken, die sich in den Arbeiten Yuichis ausdrückt.

Innoue Yuichi zählt heute zu den bedeutendsten Vertretern der japanischen modernen Kunst und gilt als der bedeutendste avantgardistische Kalligraph Japans im 20. Jahrhundert.

 

Das hier zu sehende Ölbild „Oilpainting No.11“ ist das letzte einer kleinen Gruppe von 11 Arbeiten, die 1953-54 entstanden sind. Es wurde erstmalig 1954 in der Ausstellung „Bokujin“* in der Galerie Maruzen, Tokyo/Kyoto präsentiert. 1955 reiste es mit weiteren ausgewählten Arbeiten zeitgenössischer japanischer Kalligraphen nach Europa, um in der historisch bedeutenden Ausstellung „Bokujin“ in der Galerie von Collette Allendy in Paris gezeigt zu werden. Von dort gelangte es in eine französische Privatsammlung.

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