Thomas Baumhekel – Schrift als Bild

Ich erinnere mich noch genau an meine erste Begegnung mit den Arbeiten von Thomas Baumhekel. Es war im Jahr 2007 in der Frankfurter Galerie Japan Art, als der unvergessene Galerist Friedrich Müller seine Werke zum ersten Mal präsentierte. Besonders die auf Treibholz gesetzten Zeichen faszinierten mich, und ich erwarb noch während der Ausstellung eine erste Arbeit von Thomas Baumhekel.

Zu dieser Zeit übte ich mich selbst bereits intensiv im Schreiben japanischer Schriftzeichen, sodass mich Baumhekels Umgang mit ihnen unmittelbar berührte. Er behandelte die Zeichen nicht bloß als kalligrafische Übungen, sondern verwandelte sie in eine eigene Bildsprache – voller Ausdruckskraft, frei und zugleich respektvoll gegenüber der Tradition. Diese Verbindung von Schrift und Bild, von Zeichen und Umfeld, faszinierte mich sofort, und meine Wertschätzung für den Künstler ist bis heute ungebrochen.

Die romanische Talkirche von Avers-Cresta. Im Schnee.

Thomas Baumhekel (*1963 in Löbau, Sachsen) gehört zu den Künstlern, die den Dialog zwischen westlicher Maltradition und ostasiatischer Kalligrafie in eigenständiger Weise fortführen. Nach seinem Studium der Malerei und Grafik an der Hochschule für Bildende Künste Dresden widmete er sich seit den 1990er Jahren verstärkt der Schrift als künstlerischem Medium.

Im Zentrum seines Werkes stehen vor allem die chinesischen Schriftzeichen (Kanji), die in Japan ihren festen Platz in der Kunst und Kultur gefunden haben. Baumhekel nähert sich ihnen nicht aus der Perspektive eines Philologen, sondern als Maler, der von der formalen Struktur und der bildhaften Qualität der Zeichen ausgeht. Er begreift sie als autonome Formen, die zugleich Träger von Bedeutung sind, und entwickelt daraus eine unverwechselbare Bildsprache.

Charakteristisch für sein Œuvre sind Arbeiten, in denen die Zeichen auf unkonventionelle Bildträger gesetzt werden – etwa auf Treibholz oder in großformatige Blätter, in denen die Schriftzüge zwischen malerischer Geste und strenger Linearität oszillieren. Dabei bewahrt er stets eine Balance zwischen expressiver Freiheit und der Ehrfurcht vor der jahrhundertealten Tradition der ostasiatischen Kalligrafie.

Seine Arbeiten wurden in Einzel- und Gruppenausstellungen, unter anderem in Dresden, Berlin und Frankfurt am Main, gezeigt. Besondere Aufmerksamkeit fand sein Beitrag zur Ausstellung Heinrich von Kleist. Josef Hegenbarth und Thomas Baumhekel im Kupferstich-Kabinett Dresden, wo er literarische Texte in japanischer Übersetzung zu großformatigen Schriftbildern transformierte.

Baumhekel gelingt es, Schrift und Bild, Zeichen und Raum, Tradition und Gegenwart in einen lebendigen Austausch zu bringen. Seine Werke zeugen von einer künstlerischen Haltung, die die Schrift nicht allein als Mittel der Mitteilung versteht, sondern als visuelle Erfahrung, in der Bedeutung und Gestalt untrennbar verschmelzen.